„Ich will nicht in den Kindergarten!“

Eine Mutter schrieb mir, dass ihre vierjährige Tochter morgens Schwierigkeiten hat, zum Kindergarten zu gehen. Leider sieht sie keinen anderen Weg, als regelmäßig sehr laut und auch manchmal etwas grob zu werden. Sie fragte mich, ob es nicht auch anders ginge.

Tatsächlich gibt es hier kein allgemeingültiges Rezept zur sofortigen Abhilfe.

Deswegen würde ich in einem persönlichen Gespräch zunächst allerlei Fragen stellen und ein kleines Rollenspiel durchführen, um die Mama und ihr Kind kennenzulernen, zu erspüren und zu erfassen, worum es bei ihnen tatsächlich geht.

Solche Situationen, gerade, wenn wir morgens pünktlich zur Arbeit müssen, die Kleinen aber noch in ihrer eigen Welt leben, fordern uns Erwachsene sehr. Tief versunken im Spiel, fehlt ihnen natürlich noch jegliches Verständnis für unseren inneren Druck.

Ich lade in solch einem Fall zu einem Perspektivwechsel ein und zur Frage: Wie tickt ein Kind unter sieben Jahren?

Bei den Kleinen braucht es eine ganze Weile, bis unsere Weisungen in ihren noch »unreifen« Gehirnen ankommen.Geben Sie ihnen ein paar Augenblicke Zeit. Dann teilen Sie Ihrer Vierjährigen mit: „Hey mein Schatz, es ist Zeit, zum Kindergarten loszugehen“ – worauf das Kind womöglich umgehend sehr entschlossen antwortet: „Nein, da gehe ich heute nicht hin!“ Meine Empfehlung: Tief durchatmen, trotz Stress möglichst ruhig bleiben und sich an den wichtigen Merksatz erinnern: Kinder unter sieben Jahren sagen in der Regel erst einmal Nein.

Kommentieren Sie das impulsiv vorgebrachte Nein nicht und bleiben Sie stattdessen liebevoll und freundlich.

Ein weiterer wichtiger Merksatz lautet: Wir brauchen gar nicht viel zu erklären und zu sprechen. Entscheidend ist vielmehr unsere liebevolle Anwesenheit und Präsenz.

Nach zwei Minuten geben wir dann noch einmal bekannt: „Jetzt gehen wir los, Mimi wartet bestimmt schon auf dich.“ Die Information, dass es jetzt zum Kindergarten geht, sollte zwischenzeitlich beim Nachwuchs gelandet sein. Tatsächlich entspricht es der kindlichen Natur, der Anweisung jetzt zu folgen, wenn es nicht noch andere wichtige Gründe für den kindlichen Protest gibt.

Vergegenwärtigen Sie sich bitte regelmäßig auch folgendes: Für Kinder ist eine liebevolle elterliche Führung entspannend, sie vertrauen sich dieser gerne an, wenn sie gute Erfahrungen damit machen.

Es gibt Gründe, warum wir es nicht immer schaffen, ruhig, gelassen und humorvoll zu bleiben.

Da tauchen Gedanken auf, wie: „Die will einfach nicht auf mich hören.“ Wir fühlen uns dann womöglich nicht wertgeschätzt in unserer Bemühung, gut für die Familie zu sorgen. Mit der Wut im Bauch greifen wir streng durch, werden laut und beschämen unsere Kinder: „Immer musst du trödeln! Möchtest du, dass ich meine Arbeit verliere und wir hungern müssen?“ Leider zeigen sich in solchen Sprüchen oft eigene schmerzhafte Bindungserfahrungen. Dann fühlt es sich eigenartigerweise sogar richtig und ganz normal an, so vor unseren Kindern aufzutreten.

Ich möchte dazu einladen, gemeinsam neue Wege zu suchen. Dabei geht es auch darum, unseren alten Schmerz einfühlsam zu versorgen. Damit wachsen die Chancen, dass Kinder die Erfahrung machen, dass liebevolle Erwachsene hinter ihnen stehen, egal, was sie tun. Mögen sie tief verinnerlichen, dass sie richtig sind, genau so, wie sie sind! Denn dies gibt ein Fundament fürs ganze Leben und für alle Beziehungen, insbesondere für die Beziehung zu sich selbst.

Die Reise zu diesen Dingen braucht Aufmerksamkeit und Geduld, eine Prise Wissen. Es braucht den Mut, nach innen zu schauen und Gefühlen und Bedürfnissen zu lauschen, die schon ganz lange in unserem Inneren drauf warten, gehört und gefühlt zu werden.

Wen meine Vision anspricht, möge sich mit mir auf diese Reise begeben – hin zu mehr Verständnis, Kontakt und Liebe zu deinem Kind und zu dir selbst. Lasst uns gemeinsam erforschen, wie noch mehr Freude, Humor und Leichtigkeit in den Familienalltag einziehen können und wie sich herausfordernde Situationen bindungsorientiert meistern lassen!